In der deutschen Sprache wird unter anderem zwischen Vokalen und Konsonanten unterschieden. Diese Laute sind in der Silben- und Wortbildung unmittelbar beteiligt. Ohne sie gäbe es keine Wörter, dementsprechend auch keine Sätze. Wie würde wohl unsere Kommunikation dann stattfinden? Bei der Beantwortung dieser Frage kann man ziemlich kreativ werden. Aber bleiben wir bei der Realität. Wie du der Überschrift entnehmen kannst, wird es in diesem Artikel um deutsche Vokale gehen.
Was sind Vokale?
Vokale, auch Selbstlaute, sind Laute, bei deren Aussprache der Luftstrom im Mund- oder Rachenraum im Vergleich zu der Konsonanten-Realisierung nicht oder nur wenig gehemmt1 wird. Mit anderen Worten gesagt, bei der Aussprache der Vokale gibt es keine Hindernisse. Das weitere Merkmal der Vokale ist, dass bei ihrer Aussprache immer eine Mundöffnung vorliegt.
Im Deutschen unterscheidet man zwischen Einzellauten (Monophthongen), Zwielauten (Diphthongen) und Umlauten. Zu den Vokalen zählen Einzellaute (die Buchstaben a, e, i, o, u) und Umlaute (ö, ä, ü). Übrigens, um mehr über die deutschen Umlaute zu erfahren, kannst du dir den Artikel zu diesem Thema anschauen. 🙂 Zwielaute bestehen aus zwei nacheinander folgenden Vokalen. Im Deutschen sind das unter anderem eu, äu, au, ai, ei. In diesem Beitrag wird es hauptsächlich um die Einzellaute gehen.
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Deutsche Vokale sind außerdem immer stimmhaft, weil die Stimmlippen2 während der Realisierung der Selbstlaute vibrieren. Die Stimmhaftigkeit lässt sich ganz leicht überprüfen. Lege deine Finger auf den Kehlkopf und sprich irgendeinen Selbstlaut, zum Beispiel den e-Laut. Spürst du eine leichte Vibration? Prima! So kannst du die anderen deutschen Vokale überprüfen, ob sie stimmhaft sind.
Selbstlaute und Mitlaute
Wie du schon weißt, werden auch deutsche Vokale als Selbstlaute bezeichnet. Der Grund dafür ist, dass ein Vokal allein eine Silbe bilden kann. Es gibt aber auch noch Mitlaute. Mitlaute sind Konsonanten. Sie heißen so, weil ein Konsonant nie alleine eine Silbe bilden kann. Er braucht immer einen Vokal, um eine Silbe zu formen.
Wie ich bereits erwähnt habe, unterscheiden sich Vokale (Selbstlaute) von den Konsonanten (Mitlauten) vor allem in ihrer Realisierungsart3. Der Luftstrom bei der Aussprache der Konsonanten ist im Vergleich zu Vokalen nicht hindernisfrei. Diese Hindernisse werden an verschiedenen Orten im Mund- und Rachenraum gebildet. Ein Beispiel: Kasse und Tasse. Beim ersten Wort haben wir bei der Realisierung des Lauts [k] ein Hindernis im hinteren Teil des Mundraums. Bei der Aussprache des Lauts [t] im Wort Tasse bildet sich ein Hindernis im vorderen Teil des Mundraums. Probiere es selbst aus: Sprich “Kasse” und “Tasse”. Wo “knackt” es beim Laut [k]? Und beim [t]?
Deutsche Vokale: Artikulation4
Deutsche Vokale und Umlaute werden je nach Mundöffnung, Lippenstellung und Zungenbewegung unterschiedlich produziert.
Mundöffnung: Selbstlaute hören sich unterschiedlich an. Das hängt unter anderem davon ab, wie weit unser Mund geöffnet ist. Bei der Aussprache der langen und kurzen Laute [i], [i:], [ʊ], [u:], [y], [y:], [e:] öffnen wir den Mund nur ganz leicht. Bei der Produktion der Vokale [ɛ], [ɛ:], [o:], [ɔ], [ø:] und [œ] ist unser Mund halboffen. Mit weit geöffnetem Mund artikulieren wir den langen und kurzen Laut [a] und [a:]. Versuche die Vokale [e] und [i] mit breit geöffnetem Mund auszusprechen. Was hörst du? Ganz andere Laute, oder?
Lippenstellung: Je nach Lippenstellung unterscheidet man zwischen ungerundeten und gerundeten Vokalen. Ungerundet sind folgende Laute: [i:], [ı], [e:], [ɑ:], [a], [ɛ], [ɛ:]. Warum? Ganz einfach: Weil die Lippen bei der Aussprache dieser Vokale eher gespreizt, also gedehnt, sind. Gerundete Laute sind [u:], [ʊ], [o:], [ɔ], [y:], [ʏ], [Ø:] und [œ].

Zungenbewegung: Je nach Zungenlage werden Vokale im vorderen, mittleren und hinteren Teil des Mundraums ausgesprochen. Außerdem werden sie je nach Zungenhöhe im oberen, mittleren oder tiefen Teil des Mundraums realisiert.
Hört sich kompliziert an, nicht wahr? Keine Sorge: Die verschiedenen Zungenlagen und -höhen sind auf diesem Bild sehr anschaulich und verständlich dargestellt:

Hier ist eine kurze Erklärung der Grafik: Stelle dir diese Darstellung als eine seitliche Ansicht deines Mundraums. Die Laute [a], [o] und [u] werden hinten im Mundraum produziert. Das [a] wird dabei im unteren Teil des Mundraums, der Laut [o] im mittleren und [u] im oberen Teil ausgesprochen. Das [i] und [e] spricht man im vorderen Teil des Mundraums. Der Laut [i] wird dabei mit der Zunge oben realisiert. Bei der Produktion des Lauts [e] befindet sich die Zunge im mittleren Teil des Mundraums. Sprich das [i] und [u] aus und vergleiche sie: In welchen Teilen des Mundraums entstehen die beiden Vokale? Richtig! Das [i] wird im vorderen und das [u] im hinteren Teil produziert.
Wozu das Ganze? Dieses Wissen kann dir auf deiner Lernreise helfen, die Vokale richtig aussprechen zu lernen. Versuche dich bei der Artikulation bestimmter Vokale auf die richtige Lippenstellung, Mundöffnung und Zungenbewegung zu konzentrieren. Wie schnell die richtige Realisierung der Vokale “sitzt”, ist sehr individuell. Es kommt vor allem darauf an, wie Vokale in der Muttersprache artikuliert werden. Die Mundmuskulatur merkt sich die Lautrealisierung in der Muttersprache und es kann ziemlich lange dauern, sich auf die neue, deutsche Lautaussprache umzustellen. Damit das schneller geht, sollte man die Artikulationsweisen der Vokale verstanden haben und die Aussprache regelmäßig trainieren. Genauere Erklärung dieses Themas und Übungen findest du im Crash-Kurs von DeinSprachcoach.
Lange vs. kurze Vokale
Was ist der Unterschied in der Aussprache der Wörter “Beet” und “Bett”? Richtig! Der Doppelvokal in “Beet” wird lang ausgesprochen. Im Wort “Bett” wir der Vokal hingegen kurz realisiert. Bei der Gespanntheit der Vokale geht es um eine kurze oder lange Aussprache eines Vokals in einem Wort.
Die Unterscheidung zwischen langen und kurzen Vokalen in den betonten Silben ist in der deutschen Sprache sehr wichtig. Jedoch ist dieser Bereich sehr anspruchsvoll und er bereitet vielen Deutschlernern große Schwierigkeiten. Es ist gar nicht so einfach, lange und kurze Vokale auditiv zu erkennen, sie voneinander zu unterscheiden und sie richtig lang oder kurz auszusprechen. Und das ist völlig normal! Bevor du Deutsch lernst, sprichst du eine andere Sprache – deine Muttersprache. In vielen Sprachen wird nicht zwischen langen und kurzen Vokalen in einer betonten Silbe unterschieden. Wie zum Beispiel im Russischen.
Man lernt die Laute so zu artikulieren, wie es sich in der Muttersprache gehört. Wenn man anfängt Deutsch zu sprechen, ist es für die Muskulatur des Mundraums nicht einfach, die deutschen Vokale sofort richtig lang oder kurz auszusprechen. Der Grund dafür ist, dass sich die Mundmuskulatur an eine bestimmte Artikulationsweise der Vokale aus deiner Muttersprache gewöhnt hat. Aus diesem Grund gilt auch in diesem Bereich das Sprichwort “Übung macht den Meister”. Es gibt zahlreiche Artikulationsübungen, um die Aussprache der langen und kurzen Vokale zu verbessern.
Deutsche Vokale: Artikulation
Die Mundöffnung, Gespanntheit und Länge sind bei der Unterscheidung der kurzen von langen Vokalen die wichtigsten Merkmale.
Mundöffnung: Allgemein ist unser Mund bei der Realisierung kurzer Selbstlaute etwas weiter geöffnet als bei den langen Selbstlauten.
Mit dieser einfachen Übung kannst du an der Mundöffnung arbeiten: Stelle dir vor, dass du etwas kaust, zum Beispiel einen Kaugummi. Führe die Kaubewegungen mit weit geöffnetem Mund aus und bewege deinen Unterkiefer fünfmal im Uhrzeigersinn und fünfmal gegen den Uhrzeigersinn. So sieht diese Übung aus:

Diese und viele anderen hilfreichen Aussprachübungen findest du im Übungssystem von DeinSprachcoach. 🙂
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Gespanntheit: In der Regel sind kurz ausgesprochene Vokale ungespannt. Laute, die hingegen lang ausgesprochen werden, sind üblicherweise gespannt.


Lange und kurze Vokale auditiv erkennen
Wie bereits erwähnt, ist es auch nicht einfach, den Unterschied zwischen den langen und kurzen Vokalen auditiv zu erkennen. Es ist vor allem dann schwierig, wenn du in deiner Muttersprache diese Unterscheidung nicht kennst. Du musst also zunächst lernen, sie auditiv wahrzunehmen. Und das kann man auch mit bestimmten Übungen machen! Aber zunächst sollst du dich an die Melodie des Deutschen gewönnen. Dabei helfen dir Hörgeschichten. Je mehr du hörst, desto schneller gewönnst du dich an die Sprachmelodie. Außerdem ist es sehr hilfreich, Online-Wörterbücher zu benutzen. Dort werden Wörter nicht nur erklärt, sondern auch noch von den Muttersprachlern ausgesprochen. Beispielsweise im Duden findest du die Aussprache eines Wortes immer unter seiner Begriffsklärung.
Lange und kurze Vokale in der Schriftsprache
Auch beim Schreiben gibt es ein paar Regeln und Orientierungshilfen, die man bei der Verschriftlichung der langen und kurzen Vokale berücksichtigen soll. Orientierungshilfen sind jedoch keine Regeln, sie sind nicht immer anwendbar. Jedoch kann man sie in den meisten Fällen als Hilfe benutzen.
KURZE VOKALE
Ein Vokal wird kurz ausgesprochen:
Regel: wenn danach zwei gleiche Konsonanten folgen (Bett, Mutter)
Orientierungshilfe: wenn danach zwei verschiedene Konsonanten folgen (Kind, Sand, backen)
LANGE VOKALE
Ein Vokal wird lang ausgesprochen:
Regeln:
– wenn danach ein Dehnungs-h folgt (Sahne, Bahn)
– wenn ein Vokal verdoppelt wird (Beet, Meer)
– der Vokal /i/ wird lang ausgesprochen, wenn nach ihm ein /e/ folgt (Siebe, Bier)
Orientierungshilfe: wenn danach nur ein Konsonant folgt (geben, lesen)
ACHTUNG: Wie in den anderen Sprachbereichen des Deutschen gibt es auch hier Ausnahmen!
Diese Regeln und Orientierungshilfen dienen dazu, die Länge der deutschen Vokale richtig aussprechen und heraushören zu können. Wenn du weißt, wie ein langer Vokal und ein kurzer Vokal verschriftlicht werden, sprichst du sie in der richtigen Länge aus.
Vater / Biene / stottern / singen / Welle / Boot
Kleine Übung: Wie werden die markierten Vokale ausgesprochen: kurz oder lang? Die lösungen findest du am ende des artikels!
Deutsche Vokale: Nasalität
Die deutsche Sprache kennt keine nasalen Vokale. Aber: Sie kennt viele Lehnwörter5. Vor allem aus dem Französischen. Vokale in diesen Lehnwörtern sprechen wir nasal, das heißt im Nasenraum, aus. Beispielsweise kommen solche Wörter wir Chance, Bonbon, Parfüm aus dem Französischen. Die dick markierten Buchstaben spricht man nasal aus. Kennst du noch mehr fremde Wörter, die im Deutschen nasal ausgesprochen werden? Schreibe diese in den Kommentaren!:)
Lösung für die Übung:
Kurze Aussprache: stottern /singen / Welle
Lange Aussprache: Vater / Biene / Boot
Du interessiert dich sehr für die deutsche Sprache oder möchtest vielleicht in einem Crashkurs noch besseres Deutsch lernen? Dann bist du in unserem Training genau richtig! Möchtet du noch weitere spannende Artikel zu deutschen Sprache in unserem Blog lesen? Dann erfährst du hier zum Beispiel alles Wichtige zum Thema Phonetik.
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Wortschatz
- hemmen: Etwas durch Hindernisse verlangsamen.
- Stimmlippen: Ein Organ, das für die Stimmbildung verantwortlich ist. Sie befinden sich im Kehlkopf.
- Realisierungsart (die): Die Art und Weise, wie etwas ausgesprochen wird.
- Artikulation (die): Die Art und Weise, wie Laute produziert werden.
- Lehnwort (das): Ein Wort aus einer Sprache, das im Deutschen verwendet wird.
Ich wünsche das ich deutsch sprechen kann
Lieber Mohammad,
gib nie auf und verfolge deinen Traum! 🙂
Vielen lieben herzlichen Dank Liebe Maria, das war echt super toll und hilfreich für mich.
Mach weiter.
Herzlichen Danke
Bassam Al Shaneif
Hallo Mohammad,
es freut uns sehr, dass der Artikel dir gefallen hat!
Viele Grüße
Aleksandra
Dein Sprachcoach Team
Sehr gut 👍
Wow guter guter Bericht hab mich gerade zum ersten mal bewusst mit Vokalen aus einander gesetzt, als Muttersprachler → Beim Dialekt wird es sicher richtig interessant.
Hey,
es freut uns sehr, dass dir unser Beitrag gefällt. Danke fürs Feedback! 🙂
Viele Grüße
Dein Sprachcoach Team
Aleksandra
Liebe Alexandra
Danke für die klare Übersicht.
Kannst du mir sagen, ob es da eine Regel gibt, wie ich Vokale vor einem „tsch“ auszusprechen habe (lang oder kurz)?
Bsp.: Bratsche (lange)
vs. Patsche (kurz)
(Bei „watscheln“ habe ich gelernt das „a“ lange auszusprechen. Pons (Online-Wörterbuch) rät hingegen dieses kurt zu sagen.)
Bin um jeden Tipp dankbar.
Liebe Grüsse
Marco
Hey Marco,
danke für deine Frage. Wörter mit -tsch zählen zu den Ausnahmefällen, die leider auswendig gelernt werden müssen. Außerdem darf man in diesem Fall den dialektalen Einfluss nicht vergessen. In verschiedenen Regionen kann man in einem demselben Wort mit -tsch unterschiedliche Vokallängen hören.
Ich hoffe, ich konnte dir helfen!
Viele Grüße
Dein Sprachcoach Team
Aleksandra
Herzlichen dank dafür.
In dem Fall gibt es auch keine fixe Regel, die in der Sprechtechnik/im Bühnendeutsch (auch für Sprecher*innen) gelehrt wird?
Hi Marco,
sehr gerne.
Deine Frage kann ich leider nicht beantworten, da Bühnendeutsch ein ganz anderer Bereich ist.
Liebe Grüße
Dein Sprachcoach Team
Aleksandra