Das Hörverstehen ist für viele Deutschlerner besonders schwierig. Möglicherweise bist du sogar ganz frustriert, weil du schon lange Deutsch lernst. Trotzdem hast du das Gefühl, dass du den Deutschen nie so richtig folgen kannst. Echt ärgerlich, oder? Hier findest du ein paar Tipps dafür, wie du aktiv dein Hörverstehen verbessern kannst.
Hörverstehen | Tipps
Stell dir mal Folgendes vor: Es gibt für alles, was du hörst, automatische Untertitel. Sie erscheinen einfach wie durch Magie in deinem Kopf oder in der Luft vor dir, sobald Wörter auf deine Ohren treffen. Egal, ob es die Nachrichten sind, die du morgens hörst, oder das Gespräch mit deinem Nachbarn, das Hörverstehen in der Deutschprüfung…
Wäre das nicht toll? Eine Art Sprechblase, in der Hörtexte geschrieben stehen? Also ich habe mir das beim Fremdsprachenlernen oft gewünscht! So könnte man nämlich einfach mitlesen und wahrscheinlich schneller verstehen, worum es geht.
Solange solche Sprechblasen aber noch nicht existieren, brauchen wir konkrete Techniken, um deutsche Hörtexte (mit Fragen oder ohne) schnell und richtig verstehen zu können. Was versteckt sich aber genau hinter dem Hörverstehen?
Hörverständnis oder Hörverstehen? Was ist das?
Zunächst willst du vielleicht wissen, was genau Hörverstehen eigentlich bedeutet. Wenn du dir das Wort ansiehst, entdeckst du zwei Wortteile, nämlich „hören“ und „verstehen“. Das ist auch genau das, was es heißt: Du hörst etwas und verstehst dann, was damit gemeint ist.
Klingt zwar simpel, aber tatsächlich ist verstehendes Zuhören ein sehr komplizierter kognitiver1 Prozess! Deine Ohren müssen zuerst einen Klang wahrnehmen, dann musst du die Wörter erkennen, in ihrem Zusammenhang verarbeiten und am Ende etwas daraus schlussfolgern.
Denn Hörverstehen ist mehr als nur „Wörterverstehen“! Du sollst natürlich nicht jedes einzelne Wort so verstehen, wie es vielleicht in einem Wörterbuch erklärt wird. Nein, du musst die Wörter in den Kontext einordnen und dann beurteilen können, was der Sprecher ausdrücken möchte.
Im Prinzip ist das wie beim Leseverstehen, wo du auch nicht unbedingt jedes Wort kennen musst, um die Zusammenhänge zu erkennen. Wie du bestimmt weißt, unterscheiden wir im Fremdsprachenunterricht traditionell die vier Fertigkeiten2:
- Hörverstehen (auch „Hörverständnis“),
- Leseverstehen (auch „Leseverständnis“),
- Schreiben sowie
- Sprechen.
Jeder hat seine eigenen Stärken und Schwächen. Vielleicht fallen dir Lesen und Schreiben leichter, weil du hier mehr Zeit zum Nachdenken hast. Beim Sprechen und Hören musst du dagegen oft sehr schnell sein. Jedoch fokussieren wir uns oft zu sehr auf eine einzelne Fertigkeit, du denkst zum Beispiel, „Ich muss mein Hörverständnis verbessern!“.
Aber du solltest dir unbedingt bewusst machen, dass die verschiedenen Fertigkeiten nicht isoliert voneinander sind, sondern eng zusammenhängen. Dann wirst du dich auch nicht wundern, warum du unten in den Tipps ausgerechnet auch mehr Deutsch sprechen solltest, um an deinem Hörverstehen zu arbeiten!
Deutsch Hörverstehen – 7 ultimative Tipps
Im Folgenden findest du sieben Ratschläge, die dir ganz sicher dabei helfen werden, deine Fertigkeiten im Hörverstehen auszubauen. Ein paar Tipps sind dir vielleicht gar nicht neu, andere überraschen dich möglicherweise.
Finde heraus, wie du dich am effektivsten verbessern kannst! Schließlich wollen wir doch alle der schönen Sprache Deutsch ohne Frustrationen lauschen3, nicht wahr?
Tipp 1: Frag dich, wo du mit deinen Hör-Skills stehst.
Du musst dir im Klaren sein, was dein Ausgangspunkt ist. Es ist nämlich ganz wichtig, dass du dich nicht überforderst! Sonst gibst du schnell wieder auf. Du weißt sicher, dass der Schwierigkeitsgrad von Deutschprüfungen sich von Niveau zu Niveau unterscheidet.
Der Prüfungsteil Hörverstehen A1 ist natürlich viel simpler als Hörverstehen B1 oder Hörverstehen C1. Frag dich also: Wie ist mein Sprachniveau in Deutsch? Sei ehrlich zu dir!
Hast du zum Beispiel schon einen B1-Kurs gemacht, fühlst dich aber noch gar nicht sicher und hast eigentlich alles vergessen? Dann solltest du dich auf keinen Fall gleich auf Hörverstehen B2 stürzen. Es ist wichtig, dass du realistische Anforderungen an dich selbst stellst!
Abgesehen vom Anhaltspunkt deines Sprachniveaus kannst du dich auch Folgendes fragen: Welche Hörtexte kenne ich schon? Wie habe ich bisher mein Hörverstehen geübt? Was fällt mir beim Hörverstehen besonders schwer? Das heißt, du solltest Hörumgebungen und Übungen finden, die genau zu deinem individuellen Niveau passen.
Tipp 2: Setz dir ein Ziel für dein Hörverstehen.
Damit kommen wir zum nächsten Punkt: Wenn du weißt, wo du startest, dann kannst du dir ein Ziel überlegen. Dein Ziel sollte so konkret wie möglich sein. „Ich möchte mein Hörverstehen auf das Niveau C1 bringen” ist nicht konkret genug!
Möchtest du eine C1-Prüfung ablegen? Dann solltest du dich ganz genau informieren, wie der Prüfungsteil Hören aussieht. Das ist in den DSH-Prüfungen für den Hochschulzugang nämlich anders als etwa in den Prüfungen vom Goethe-Institut.
Hier müsstest du dann schauen, was genau am Prüfungsformat schwierig für dich ist und wie du dich verbessern willst. Eine bestimmte Punktzahl zu erreichen könnte zum Beispiel ein gutes Ziel sein.
Auch wenn du dich gerade nicht auf eine Prüfung vorbereitest, kannst du dir ein ganz konkretes Ziel setzen. Du kannst dich zum Beispiel Folgendes fragen:
- Was genau willst du besser verstehen und wen?
- Möchtest du vielleicht besser Alltagsgesprächen folgen können oder hast du Probleme in der Medizinvorlesung?
- Interessierst du dich für Umweltschutz und möchtest Dokus darüber auf Deutsch verstehen?
- Würdest du gern deine Kunden besser verstehen, die leicht Dialekt sprechen?
Mach dir bewusst, was gerade dein Ziel und deine Priorität beim Verbessern deines Hörverständnisses ist.
Tipp 3: Finde heraus, was dein Problem beim Hörverstehen ist.
Sobald du dir dein Ziel überlegt hast, solltest du dir klar machen, was dich bisher aufgehalten hat: Was steht zwischen dir und deinem Ziel? Es gibt viele Gründe, warum wir deutsche Hörtexte nicht verstehen. Wie oben erwähnt, solltest du dich an deinem Sprachniveau orientieren.
Es ist klar, dass du auf dem B1-Niveau schlecht politischen TV-Debatten folgen kannst. Warum kannst du aber zum Beispiel bei einem Alltagsgespräch nur Bruchteile verstehen? Liegt es daran, dass die Muttersprachler extrem schnell reden? Oder sind vielleicht die Hintergrundgeräusche zu laut?
Umgangssprache könnte auch ein Problem sein, wenn du nicht weißt, wie sie benutzt wird. Möglicherweise bewegst du dich noch nicht sicher genug in deinem Sprachniveau. Das heißt, dein Gehirn kann das bereits Gelernte beim Hörverstehen nicht schnell genug abrufen, weil du es zu wenig anwendest.
Tipp 4: Hör so viel Deutsch wie möglich.
Übung macht den Meister! Um dein Hörverstehen nachhaltig zu verbessern, musst du am Ball bleiben4 und regelmäßig üben. Nur so können deine Ohren lernen, sich nach und nach an das Deutsche zu gewöhnen. Dabei solltest du dich nicht auf die typischen Hörtexte im Deutschbuch beschränken.
Versuch, so oft wie möglich Deutsch zu hören! Am besten nimmst du dir dafür jeden Tag mindestens eine halbe Stunde Zeit. Du kannst im Internet eine Vielzahl an verschiedenen Audioquellen für alle Sprachniveaus von A1 bis C2 finden. Hier sind Beispiele für Formate, die gut für Hörverstehen-Übungen geeignet sind:
- Hörtexte und Hörbücher (Erzählungen, Geschichten und vieles mehr)
- Modelltests von Deutschprüfungen
- Podcasts
- Interviews
- Nachrichten
- Radiosendungen
- Sendungen und Dokus
- Serien und Filme
- Videos (z. B. in den sozialen Medien)
- Songtexte
Suchst du gerade Hörverstehen A2 oder eher Texte zum Hören B2? Podcasts und Nachrichten in unterschiedlichem Tempo sind oft speziell auf Deutschlerner zugeschnitten. So findest du schnell ein Hörverständnis auf passendem Niveau.
Videomaterial wie Dokus und Filme kannst du ebenfalls oft langsamer einstellen oder deutsche Untertitel einschalten. Das kann dir helfen, dich selbst zu überprüfen und deinen Wortschatz auszubauen.
Auch bei den typischen Hörübungen, wie etwa bei Hörtexten und Modelltests, findest du in der Regel ein Skript, also eine Textversion des Gesagten. Denk aber daran, dass du nie versuchen solltest, krampfhaft jedes einzelne Wort zu verstehen! Dafür reicht deine Konzentration nicht aus.
Tipp 5: Verwende Hörstrategien.
Anstelle auf alle Details zu achten, also „detailliertes Hören“ anzuwenden, kannst du mit den Hörstrategien „globales Hören“ und „selektives Hören“ schon das Wichtigste herausfinden.
Besonders beim ersten Mal Hören genügt es, wenn du das große Ganze erfasst, also „global hörst“. Hier brauchst du dir keine Sorgen zu machen, wenn du an einigen Stellen nicht alles verstehst. Versuch, dich nur auf das Wesentliche zu konzentrieren, das wird von den Sprechern auch oft besonders betont.
Generell solltest du auf die Stimmen der Personen achten und darauf, wie sie sprechen. Allein der Tonfall kann oft schon viel verraten. Falls du mit einem audio-visuellen Format, also einer Hör-Seh-Übung arbeitest, kannst du auch vom Gesichtsausdruck, der Körpersprache und den Gesten einiges ablesen.
Beim „selektiven Hören“ musst du explizite5 Informationen heraushören. Das könnte typischerweise die Nummer des Bahnsteigs in einer Durchsage am Bahnhof sein. Noch genauer hinhören, also „detailliert hören“, brauchst du höchstens für kurze Abschnitte. Da musst du beispielsweise eine implizite6 Ursache, Folge oder Meinung erkennen.
Schau dir also in der Fragestellung deiner Hörübung genau an, worauf du achten musst! Während du zuhörst, kannst du dir Notizen zu Schlüsselwörtern und W-Fragen machen (Wer diskutiert? Was wird diskutiert? usw.). In vielen Prüfungen ist es nämlich notwendig, dass du in eigenen Worten formulieren kannst, was du gehört hast.
Tipp 6: Sprich darüber, was im Hörverstehen vorkommt!
Ganz egal, ob du nun eine Medizinvorlesung besser verstehen möchtest oder ein Alltagsgespräch über Essgewohnheiten: Du darfst auf keinen Fall denken, dass Hörverstehen etwas Passives ist. Du musst selbst sprechen, wenn du mehr verstehen möchtest!
Du kannst dich auch im Vorfeld darauf vorbereiten, indem du dir Notizen machst. Am besten suchst du dir Muttersprachler in deiner Umgebung oder Tandempartner im Internet, um dich regelmäßig über Themen auszutauschen, die du besser verstehen willst.
Im Gespräch kannst du gleich nachfragen, ob du etwas richtig verstanden hast. Das ist ein riesiger Vorteil! Du kannst das Gehörte direkt wiederholen oder in eigenen Worten umformulieren.
Auf diese Weise setzt du dich sehr intensiv mit dem Klang der Wörter auseinander, die du für dein gewähltes Thema verinnerlichen7 musst. Wenn du diese Wörter dann schließlich (nochmal) aus dem Mund anderer hörst, wirst du sie schneller verstehen!
Aussprache | Deutsch hören
Besonders wichtig ist auch, dass du dich im Gespräch an die Aussprache gewöhnen kannst. Versuch deshalb, die Muttersprachler zu beobachten und zu imitieren, wie sie sprechen.
Generell können dir auch Selbstgespräche dabei helfen, dich auf Gespräche mit anderen vorzubereiten: Du fängst an, auf Deutsch zu denken, speicherst Wörter besser ab und sprichst immer fließender.
Dich selbst reden zu hören hilft dir automatisch, andere besser zu verstehen! Wenn du Probleme mit der deutschen Aussprache hast, kannst du mal bei unserem Crashkurs vorbeischauen. Dort findest du viele Hör- und Sprechübungen. Oder schau dir doch mal unseren Artikel zum Thema Aussprache verbessern an.
Tipp 7: Entspann‘ dich und hab‘ Spaß beim Deutschhören!
Zum Schluss der wichtigste Tipp: Stress dich nicht zu sehr. Ich weiß, dass du manchmal einfach nur direkt abschalten möchtest, wenn dir ein unverständlicher Wortschwall8 entgegenkommt. Aber lass dich berieseln9! Denn du kannst allein durch Schlüsselwörter enorm viel verstehen.
Wenn du mal gerade keine Lust hast, fleißig zu üben, kannst du auch passiv deutsche Texte hören. Zum Beispiel, indem du deutsche Musik laufen lässt.
Vielleicht macht es dir ja Spaß, einfach mal einen Songtext mitzusingen, selbst wenn du nicht alle Wörter kennst. Auch so gewöhnst du dich an den Klang des Deutschen und du wirst überrascht sein, wie du mit der Zeit immer mehr verstehen kannst.
Selbst auf den Anfänger-Niveaus kannst du schon auf deutschsprachige Lieder zugreifen. Besonders sinnvoll sind in diesem Zusammenhang Kinderlieder, die dir Vokabeln zu relativ einfachen Themen anbieten.
Falls du gern online unterwegs bist, findest du viele kurze, amüsante Videos von Leuten, die deutschsprachigen Content kreieren. Lehne dich doch zurück und sieh dir entspannt ein paar Clips von Maria auf TikTok oder Instagram an!
Fragen & Antworten:
Warum kann ich Deutsch nur schlecht verstehen?
Vielleicht hast du eigentlich schon viel Deutsch gelernt, kannst aber beim Hören kaum etwas verstehen. Das kann zum Beispiel daran liegen, dass du Umgangssprache nicht gewohnt bist.
Was kann ich tun, um mein Hörverstehen zu verbessern?
Für ein besseres Hörverständnis muss man viel üben, das ist klar. Aber hättest du gedacht, dass du ausgerechnet mehr Deutsch sprechen solltest, um dein Hörverstehen besonders effektiv zu verbessern?
Wie kann ich das Hörverständnis trainieren?
Wie in jeder Sprachsituation verwende hier unterschiedliche Techniken. Je nachdem, was das Ziel des Hörverstehens ist, kannst du zum Beispiel das globale, das detaillierte oder das selektive Hören in den Vordergrund stellen. Vergiss dabei nicht, die Frage im Auge zu behalten10.
Dein kleiner Wortschatz: Tipps für ein besseres Hörverstehen
- kognitiv: wie wir Informationen verarbeiten (durch unsere Wahrnehmung, unser Denken und Wissen usw.) ↩︎
- Fertigkeit (die): Kenntnisse, Fähigkeit; Geschicklichkeit ↩︎
- lauschen: aufmerksam hören, zuhören ↩︎
- am Ball bleiben: dranbleiben; nicht nachlassen, aufgeben, locker lassen ↩︎
- explizit: ausdrücklich (wörtlich), deutlich, eindeutig ↩︎
- implizit: indirekt, nicht ausdrücklich gesagt ↩︎
- verinnerlichen: sich einprägen, merken, angewöhnen ↩︎
- Schwall (der): eine heftige Menge, Welle von etwas (besonders einer Flüssigkeit) ↩︎
- (sich) berieseln lassen (z. B. von Musik): nicht genau zuhören ↩︎
- im Auge behalten: auf etwas besonders achten ↩︎
Ich liebe deine Beiträge, immer so gut recherchiert!