Gendergerechte Sprache

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März 26

Die Diskussion über gendergerechte Sprache hat in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen. Möglicherweise hast du dich bereits gefragt, welche Wortform zu verwenden ist, wenn du richtig gendern möchtest. In diesem Artikel beleuchten wir die Grundlagen, die zentralen Pro- und Kontra-Argumente sowie die Herausforderungen, die mit gendergerechter Sprache einhergehen. Bleib‘ dabei.

Welche Aspekte der deutschen Sprache sind „ge-gendert”?

Das Wort „gender“ kommt aus dem Englischen und bedeutet „Geschlecht“. Im Deutschen triffst du unterschiedliche Bezeichnungen, die sich mit diesem Phänomen beschäftigen: „gendergerechte Sprache“, „geschlechtergerechte Sprache“, „Gendersprache“ oder auch „Gendern“.

In der deutschen Sprache gibt es mehrere Ebenen, auf denen das Gendern relevant ist. Diese betreffen vor allem grammatikalische Strukturen, Wortbildung und Sprachgebrauch. Folgende Beispiele sollen es dir deutlicher machen:

1. Artikel

Fängst du an, Deutsch zu lernen, hast du gleich mit dem Artikel zu tun. Das Deutsche verfügt über folgende Artikel, die geschlechtsabhängig sind:

  • Maskulin: der Mann
  • Feminin: die Frau
  • Neutral: das Kind

2. Personenbezeichnungen

Die andere Ebene betrifft Berufs-, Rollen- und Personenbezeichnungen, die im Deutschen geschlechtsspezifisch sind. Traditionell gibt es für viele Begriffe eine maskuline und feminine Form:

  • Maskulinum: der Lehrer, der Arzt, der Politiker
  • Femininum: die Lehrerin, die Ärztin, die Politikerin

3. Pronomen

Auch deutsche Pronomen werden dir bekannt sein. Die deutsche Sprache unterscheidet bei Pronomen in der dritten Person Singular klar nach Geschlecht:

  • Maskulin: er, sein, ihm
  • Feminin: sie, ihr, ihr

4. Das generische Maskulinum

Das generische Maskulinum bezeichnet die grammatisch männliche Form, die alle Geschlechter einschließen soll, zum Beispiel:

  • Der Schüler (für alle Schülerinnen und Schüler)
  • Die Ärzte (für männliche und weibliche Ärzte)

5. Adjektive

Adjektive im Deutschen passen sich oft dem Geschlecht des Substantivs an und machen also deutlich, um welches Geschlecht es sich handelt:

  • Maskulin: ein netter Lehrer
  • Feminin: eine nette Lehrerin

6. Anrede und Höflichkeitsformen

In der schriftlichen Kommunikation verwenden wir zum Beispiel je nach Geschlecht des Ansprechpartners unterschiedliche Formen:

  • Sehr geehrter Herr Müller, …
  • Liebe Maria, …

7. Sprachgebrauch im Alltag

Im täglichen Sprachgebrauch sind viele Begriffe genderbehaftet1, die unbewusst genutzt werden, wie zum Beispiel:

  • Der Chef (zur Bezeichnung einer leitenden Funktion),
  • Der Kunde (zur allgemeinen Bezeichnung der Kundschaft).

Was ist gendergerechte oder genderneutrale Sprache?

Während die oben erwähnten Formen eher automatisch benutzt werden, versuchen die gendergerechten Formen mit der Sprache bewusst umzugehen. Es handelt sich hierbei in erster Linie um die Sprache, die alle Geschlechter gleichermaßen behandelt und sichtbar macht.

Die gendergerechte Sprache hat sich als Reaktion auf die Erkenntnis entwickelt, dass Sprache nicht nur die Realität abbildet, sondern sie auch beeinflusst. Traditionelle Sprachstrukturen benutzen nämlich oft implizit das männliche Geschlecht als Norm. Das führt dazu, dass Frauen und nicht binäre Menschen ungenannt bleiben oder nur „mitgemeint“ sind.

Gender | Schreibweise

Die Gendersprache versucht nun, alle Geschlechter einzubeziehen. Dies kann durch neue Wortbildungen, neutrale Begriffe und alternative Satzstrukturen erreicht werden. Derzeit sind vor allem folgende Methoden der gendergerechten Sprache gebräuchlich:

1. Doppelnennungen

Bei Doppelnennungen werden explizit die männliche und die weibliche Form verwendet. Solche Beispiele kennst du möglicherweise aus den Anreden bei offiziellen Veranstaltungen, zum Beispiel:

  • Liebe Bürgerinnen und Bürger, …
  • Sehr geehrte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, …

Diese Formen wirken heute allerdings schon veraltet, da sie nur männliche und weibliche Personen direkt ansprechen und nicht binäre Menschen unbeachtet lassen.

2. Binnen-I

Das Binnen-I ist eine ebenso ältere Methode, die die weibliche Form durch ein großgeschriebenes „I“ in die männliche Form integriert:

  • BürgerInnen
  • MitarbeiterInnen

3. Gendersternchen (*)

Immer häufiger trifft man heute das Gendersternchen, das im Grunde genommen2 ein Platzhalter ist, der alle Geschlechter – einschließlich nicht binärer Identitäten – einbeziehen soll. So kannst du richtig gendern mit *:

  • Bürger*innen
  • Mitarbeiter*innen

4. Doppelpunkt (:)

Der Doppelpunkt wird ähnlich wie das Gendersternchen verwendet und gilt als barrierefreier, da er von Screenreadern oft korrekt vorgelesen wird. Beim Gendern mit Doppelpunkt sieht dein Ausdruck dann so aus:

  • Bürger:innen
  • Mitarbeiter:innen

5. Unterstrich (_)

Der Unterstrich, auch „Gender-Gap“ genannt, symbolisiert eine „Lücke“ für alle Geschlechter. Hier sollen sich also Menschen aller Geschlechtsidentitäten wiederfinden können. Die Beispiele dafür sind:

  • Bürger_innen
  • Mitarbeiter_innen

6. Geschlechtsneutrale Begriffe

Klar, deutlich und universell anwendbar ist die Methode, bei der geschlechtsspezifische Formulierungen vermieden und stattdessen neutrale Begriffe benutzt werden, zum Beispiel:

  • Lehrkraft statt Lehrer
  • Kundschaft statt Kunde

7. Umschreibungen

In manchen Fällen können Sätze so umformuliert werden, dass keine geschlechtsspezifischen Bezeichnungen verwendet werden, wie im Beispiel hier:

  • Jeder Teilnehmer muss sich anmeldenAlle, die teilnehmen, müssen sich anmelden.

8. Nutzung von Partizipien

Manchmal bieten sich Partizipien, die keine Geschlechter kennzeichnen, als geschlechtsneutrale Alternative. Beispiele dafür sind:

  • Teilnehmende statt Teilnehmer*innen
  • Studierende statt Student*innen

9. Geschlechtsneutrale Anrede und Höflichkeitsformen

Sowohl in der schriftlichen als auch in der mündlichen Kommunikation können geschlechtsneutrale Anreden verwendet werden.

Beispiel:

  • Sehr geehrte Damen und Herren, … → Sehr geehrte Anwesende, … oder Sehr geehrte Fluggäste, … (in einem Flugzeug)

Fällt es dir manchmal schwer, die richtige Genderform zu finden, gibt es diverse Apps, die dir weiterhelfen können. So kannst du dich beispielsweise beim Genderator informieren, welche Genderoptionen möglich sind.

Die Vorteile gendergerechter Sprache

1. Förderung von Geschlechtergerechtigkeit

Ein Hauptargument für gendergerechte Sprache ist ihre Rolle bei der Förderung von Gleichberechtigung der Geschlechter. Es ist nämlich nachgewiesen, dass das generische Maskulinum bei vielen Menschen Assoziationen mit männlichen Personen hervorruft.

Wenn beispielsweise von „Politikern“ die Rede ist, denken die meisten zunächst an Männer. Da geschlechtergerechte Sprache bewusst alle anspricht, kann sie dazu beitragen, Geschlechterstereotype aufzubrechen und Frauen sowie nicht binäre Personen miteinzubeziehen.

2. Abbildung der gesellschaftlichen Realität

Wir sind uns bestimmt einig: Sprache formt unsere Wahrnehmung. Wenn jemand sprachlich nicht erwähnt wird, bleibt oft auch gedanklich im Hintergrund. Gendergerechte Sprache stellt sicher, dass alle Geschlechter in Texten, Reden und Diskussionen vorkommen.

Außerdem spiegelt die Sprache den gesellschaftlichen Wandel wider. Geschlechtergerechte Sprache ist zu einem festen Bestandteil unserer Gesellschaft geworden und hat einen festen Platz dort eingenommen.

3. Positive Vorbilder

Institutionen, die gendergerechte Sprache nutzen, können als Vorbilder für eine inklusive Gesellschaft dienen. Universitäten, Unternehmen und Behörden, die gendersensible Formulierungen anwenden, senden ein Signal der Offenheit und Modernität. Dadurch können sie Vielfalt fördern und ein Arbeits- oder Lernumfeld schaffen, in dem sich alle willkommen fühlen.

Geschlechtergerechte Sprache | Kritik

1. Sprachliche Komplexität und erschwerter Lesefluss

Ein häufig vorgebrachtes Argument ist, dass gendergerechte Sprache die Verständlichkeit und Lesbarkeit erschwert:

So machen beispielsweise Doppelnennungen wie Bürgerinnen und Bürger Texte länger, während Gendersternchen (Bürger*innen) von manchen als Stolperstein empfunden werden. Kritiker befürchten, dass dies besonders für Menschen mit geringerer Sprachkompetenz problematisch sein könnte.

2. Uneinheitlichkeit und fehlende Standards

Da es derzeit noch keine einheitliche Regelung für gendergerechte Sprache gibt, existieren zahlreiche Varianten, die zum Teil sehr unterschiedlich verwendet werden. Dies führt zu Verwirrung und Unsicherheit, besonders in offiziellen Dokumenten oder Lehrmaterialien.

3. Wahrgenommener Zwang

Einige Menschen empfinden die Einführung gendergerechter Sprache als Zwang oder Bevormundung. Sie sehen Sprache als etwas Organisches, das sich nicht durch gesellschaftliche Vorgaben verändern lassen sollte. Stattdessen plädieren sie dafür, dass sprachlicher Wandel auf natürliche Weise erfolgen sollte.

Zwei Seiten der Medaille: Sprachliche Herausforderungen und Möglichkeiten

Wie wir gesehen haben, birgt3 die Benutzung gendergerechter Sprache sowohl Herausforderungen als auch Potenziale. Während die einen darin einen notwendigen Schritt in Richtung Inklusion4 sehen, warnen andere vor den sprachlichen Konsequenzen.

Wir haben einige Lösungsansätze für dich zusammengefasst, die dir helfen können, die Balance zwischen der sprachlichen Verständlichkeit, Ästhetik und Inklusion zu finden:

Kontextabhängigkeit

Nicht alle Texte erfordern dieselbe Konsequenz in der Anwendung gendergerechter Sprache. Während sie in offiziellen Dokumenten oder öffentlichen Reden sinnvoll sein kann, ist sie in informellen oder kreativen Texten möglicherweise weniger zwingend5.

Bewusste Sprachentscheidungen

Anstatt sich auf eine einzige Lösung festzulegen, kannst du beim Reden oder Schreiben bewusst zwischen verschiedenen Formen wählen, die den jeweiligen Anforderungen entsprechen.

Technologische Unterstützung

Tools wie Textkorrektursoftware oder unterschiedliche Applikationen können helfen, geschlechtergerechte Formulierungen zu finden und anzupassen, ohne die Lesbarkeit zu beeinträchtigen.

Fragen & Antworten zur gendergerechten Sprache

Welche Aspekte der deutschen Sprache sind „ge-gendert”?

In der deutschen Sprache gibt es mehrere Ebenen, auf denen das Gendern relevant ist. So kann dies vor allem in Bezug auf grammatikalische Strukturen, Wortbildung und Sprachgebrauch passieren. 

Was ist gendergerechte Sprache?

Als gendergerechte Sprache bezeichnet man den bewussten Umgang mit der Sprache, bei dem Personen aller Geschlechter miteinbezogen werden.

Wie sind die offiziellen Regeln der gendergerechten Sprache?

Die offiziellen Regeln oder Gesetze existieren heute noch nicht. Wundere dich also nicht, wenn du auf unterschiedliche Schreibweisen triffst.

Wie kann ich heute gendern?

Heutzutage gibt es einige Möglichkeiten, richtig zu gendern. So kannst du beispielsweise ein Gendersternchen (*) oder einen Doppelpunkt (:) dafür benutzen.

Gendersternchen richtig verwenden:

Hier ein Beispiel für die Schreibweise mit einem Gendersternchen: „Teilnehmerinnen*“

Was sind die Vorteile gendergerechter Sprache?

Die Vorteile liegen in der Förderung von Geschlechtergerechtigkeit, der Abbildung gesellschaftlicher Realität und der Schaffung positiver Vorbilder.

Was spricht gegen die gendergerechte Sprache?

Einwände gegen die geschlechtergerechte Sprache sind die erhöhte sprachliche Komplexität und der eingeschränkte Lesefluss, die mangelnde Einheitlichkeit sowie das Gefühl eines aufgezwungenen Gebrauchs.

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Gendergerechte Sprache – dein kleiner Wortschatz

  1. genderbehaftet: in Verbindung mit dem Geschlecht ↩︎
  2. im Grunde genommen: letztlich, eigentlich ↩︎
  3. birgt: 3. Person Singular vom Verb „bergen“ (verstecken) ↩︎
  4. Inklusion, die: gleichberechtigte Teilhabe an etwas ↩︎
  5. zwingend: obligatorisch ↩︎


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Artikel von:

Ksenia

Deutsch brachte mich aus Kazan über Gießen ins Schwabenland und dann nach Frankreich. Ich bin glücklich, diese Sprache nun weitergeben zu können :)

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