Plusquamperfekt: Reise in die Vorvergangenheit

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Mai 23

Eine Frage an dich: Was hattest du in deinem Heimatland gemacht, bevor du nach Deutschland gekommen bist? Hat dich das „hatte“ irritiert? Perfekt, dann bist du hier genau richtig! Das „hatte“ steht nämlich für das Plusquamperfekt. Du hast davon noch nie etwas gehört? Nicht schlimm, denn in diesem Artikel findest du eine verständliche Plusquamperfekt-Erklärung!

Was ist das Plusquamperfekt?

Die Plusquamperfekt–Zeitform ist eine Vergangenheitsform. Genauer gesagt, eine Form der Vorvergangenheit. Du weißt ja, in der deutschen Grammatik gibt es insgesamt drei Zeitformen der Vergangenheit: das Präteritum, das Perfekt und das Plusquamperfekt.

Eins ist schonmal klar: Mit dem Plusquamperfekt drücken wir Ereignisse aus, die in der Vergangenheit stattgefunden haben. Mit dieser Definition ist aber das Plusquamperfekt noch nicht vollständig erklärt. Wichtig zu wissen ist, dass mit dieser Zeitform die Vorvergangenheit ausgedrückt wird.

Das bedeutet, wir benutzen das Plusquamperfekt, um Ereignisse zur Sprache zu bringen1, die in der Vergangenheit vor einem vergangenen Ereignis bereits stattgefunden haben. Puh, das hört sich aber kompliziert an.

Keine Panik, um besser zu verstehen, was mit dem Plusquamperfekt genau gemeint ist, kann man sich am besten einen Zeitstrahl mit allen Zeitformen vorstellen:

Das Plusquamperfekt ist vor dem Vergangenheitstempus Perfekt platziert, deshalb beschreibt dieses Tempus die Vorvergangenheit.

Also, wann verwendet man das Plusquamperfekt? Diese Zeitform benutzen wir vor allem dann, wenn wir Ereignisse ausdrücken wollen, die in der frühen Vergangenheit vor einem weiteren vergangenen Ereignis, in der Vorvergangenheit, stattgefunden haben.

In der Alltagssprache wird anstelle des Plusquamperfekts eine andere Zeitform verwendet – das Perfekt oder das Präteritum. Grammatikalisch ist das zwar nicht korrekt, das fällt aber nicht negativ auf. Viel wichtiger ist es, in der Schriftsprache darauf zu achten, die Tempora richtig zu verwenden.

Wenn man also über mehrere Ereignisse aus der Vorvergangenheit schriftlich erzählt, dann sollte man das Plusquamperfekt auf gar keinen Fall vernachlässigen2.

Wie bildet man das Plusquamperfekt?

Nun kommt die wichtigste Frage: Wie wird das Plusquamperfekt gebildet? Das geht sehr einfach. Kennst du dich mit der Zeitform Perfekt aus? Super. Denn das Plusquamperfekt wird fast genau wie das Perfekt gebildet.

Es gibt nur eine Sache, die hier anders gebildet wird: das Hilfsverb. Das Perfekt wird wie folgt gebildet: das Hilfsverb haben/sein + Partizip II. Zum Beispiel: Ich habe Lebensmittel gekauft / Ich bin gelaufen.

Das Plusquamperfekt wird genau nach demselben Prinzip gebildet, nur das Hilfsverb verändert sich und wird im Präteritum verwendet: Aus haben wird hatten und aus sein wird waren. Also: hatten/waren + Partizip II.

Nehmen wir mal das Beispiel von oben und bilden die beiden Sätze im Plusquamperfekt: Bevor ich nach Hause kam, hatte ich Lebensmittel gekauft / Bevor ich nach Hause kam, war ich gelaufen.

Übrigens, die Plusquamperfekt-Beispielsätze verdeutlichen nochmal unsere Definition von oben: Mit dem ersten Satzteil, der vor dem Komma steht, wird ein Ereignis in der Vergangenheit beschrieben, vor dem das andere Ereignis stattgefunden hat (…, hatte ich Lebensmittel gekauft).

Dass die Hilfsverben haben und sein im Präteritum verwendet werden, ist klar. Lass uns mal zur Wiederholung die beiden Verben im Plusquamperfekt konjugieren:

  • ich hatte – du hattest– er, sie, es hatte – wir hatten – ihr hattet – sie, Sie hatten
  • ich war – du warst – er, sie, es war – wir waren – ihr wart – sie, Sie waren

Hast du noch Fragen zur Plusquamperfekt-Bildung? Dann schreibe sie in die Kommentare!

Partizip II

Das Plusquamperfekt bildet man mit dem Partizip II. Aber was ist das überhaupt? Sicherlich hast du davon schon gehört. Du weißt ja, in manchen Zeitformen muss man die Verben konjugieren, also verändern.

Das Partizip II hilft uns dabei: Die Verbformen im Perfekt, Plusquamperfekt und Futur II bildet man mit dem Partizip II: Zu einem Verbstamm wird die Vorsilbe „ge-“ hinzugefügt. Das war aber noch nicht alles.

Je nachdem, ob ein Verb schwach oder stark ist, wird die Endung „-t“ bei schwachen und „-en“ bei starken Verben dem Verbstamm angehängt. Ein paar Beispiele dazu:

  • laufen ist ein starkes Verb, deshalb heißt das Verb im Perfekt, Plusquamperfekt und Futur II gelaufen. trinken, lesen, essen sind auch starke Verben: getrunken, gelesen, gegessen.
  • Und hier sind ein paar schwache Verben: malen, trocknen, kaufen, machen werden zu gemalt, getrocknet, gekauft und gemacht.

Bist du ein Auto gefahren, bevor du nach Deutschland gekommen bist?

Wie immer gibt es auch hier Ausnahmen. Verben mit den Präfixen emp-, ent-, be-, ge-, er-, ver-, miss-, zer- werden ohne die Vorsilbe ge- gebildet. Beispiele dazu: verkauft, gebraucht, erzählt, begegnet.

Beispiel mit Plusquamperfekt

Partizip I

Wenn es ein Partizip II gibt, dann gibt es auch ein Partizip I – logisch. Das Partizip I wird verwendet, wenn man bestimmte Handlungen beschreiben möchte, die in der Gegenwart stattfinden. Das Partizip I dient vor allem einer genauen Beschreibung einer Handlung.

Man bildet Verben im Partizip I auch dann, wenn man mehrere Tätigkeiten gleichzeitig beschreiben möchte. Um das Partizip I zu bilden, muss man den Verben einfach nur die Endung -d hinzufügen: laufend, malend, schlafend.

Fassen wir das Ganze zusammen: Das Partizip II ist dazu da, um abgeschlossene Handlungen in der Vergangenheit (oder im Futur II) auszudrücken. Mit dem Partizip I hingegen werden gegenwärtige Tätigkeiten beschrieben.

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Wie erkennt man das Plusquamperfekt?

Wie erkennt man eigentlich das Plusquamperfekt? Dafür gibt es zwei Möglichkeiten. Die erste ist natürlich die Bildungsweise. Das Plusquamperfekt ist die einzige Zeitform, bei der das Hilfsverb im Präteritum steht und das Verb im Partizip II.

Also, wenn du einen Satz mit hatten/waren + Partizip II siehst, etwas wie „Ich hatte viel gelesen“ oder „Vor der Krise war ich viel geflogen“, dann ist geht es definitiv um das Plusquamperfekt.

Wie es in vielen anderen Bereichen der deutschen Grammatik ist, kann man das Plusquamperfekt auch anhand3 bestimmter Signalwörter erkennen. Plusquamperfekt-Signalwörter sind bevor, als und nachdem. Hier sind ein paar Beispiele dazu:

  • Bevor du mich angerufen hast, hatte ich für meine Mathe-Prüfung gelernt.
  • Als ich deine Nachricht gelesen habe, hatte ich schon Hilfe bekommen.
  • Nachdem ich meine Aufgaben erledigt hatte, bin ich spazieren gegangen.

Ist dir beim Signalwort „nachdem“ etwas aufgefallen? Dieses Signalwort wird direkt im Satzteil verwendet, der die Vorvergangenheit ausdrückt und der im Plusquamperfekt steht.

Plusquamperfekt – Beispiele

Hast du ein Plusquamperfekt-Beispiel? Dann schreibe es gerne in die Kommentare! Wenn nicht, dann kannst du dich von unseren Beispielen inspirieren lassen:

  • Wir hatten den Tisch um 12 Uhr gedeckt.
  • Dieter war ins Nebenzimmer gegangen.
  • Der Vater hatte die Garage bereits zugemacht, als ich angekommen bin.
  • Nachdem ich mit meiner Mutter telefoniert hatte, habe ich Hausaufgaben gemacht.
  • Ich hatte meinem Bruder eine Torte geschenkt.
  • Bevor ich dich kennengelernt habe, hatte ich in einem Supermarkt gearbeitet.

Nun kennst du dich mit dem Plusquamperfekt perfekt aus! Was hattest du nicht gewusst, bevor du diesen Artikel gelesen hast? Schreibe es gerne in die Kommentare!

Plusquamperfekt – Übungen

Es war ziemlich viel Theorie. Wie kann man sich das Gelernte besser merken? Richtig, mithilfe einer Übung!

Übung 1: Plusquamperfekt, Präteritum oder Perfekt? Die Entscheidung liegt bei dir!

  • Gestern habe ich mit ihr gesprochen.
  • Bevor du nach Hause kamst, hatte ich meine Hausaufgaben gemacht.
  • Hast du Eier gekauft?
  • Vor meinem Geburtstag hatte ich eine Prüfung geschrieben.
  • Nachdem ich mit meiner Freundin telefoniert hatte, ging es mir besser.

Übung 2: Setze die Hilfsverben in den Klammern in die richtige Form.

  • Vor dem Gespräch mit ihrem Chef (haben) Maria den neuen Vertrag unterschrieben.
  • Gestern (haben) ich Blumen für meine Schwester gekauft.
  • Nachdem sie aufgelegt (haben), ist ihr Bruder nach Hause gekommen.

Und nun zurück zu meiner ersten Frage: Was hattest du in deinem Heimatland also gemacht, bevor du nach Deutschland kamst? Schreibe es in die Kommentare!

Lösung:

Übung 1:

  • Gestern habe ich mit ihr gesprochen. (Perfekt)
  • Bevor du nach Hause kamst, hatte ich meine Hausaufgaben gemacht. (Präteritum, Plusquamperfekt)
  • Hast du Eier gekauft? (Perfekt)
  • Vor meinem Geburtstag hatte ich eine Prüfung geschrieben. (Plusquamperfekt)
  • Nachdem ich mit meiner Freundin telefoniert hatte, ging es mir besser. (Plusquamperfekt, Präteritum)

Übung 2:

  • Vor dem Gespräch mit ihrem Chef hatte Maria den neuen Vertrag unterschrieben.
  • Gestern habe ich Blumen für meine Schwester gekauft.
  • Nachdem sie aufgelegt hatte, ist ihr Bruder nach Hause gekommen.
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Wortschatz

  1. zur Sprache bringen: sagen, ausdrücken
  2. vernachlässigen: (in diesem Kontext) nicht verwenden
  3. anhand: mit
Was ist Plusquamperfekt?

Das ist ein Tempus, das die Ereignisse ausdrückt, die in der Vorvergangenheit stattgefunden haben.

Wie bildet man das Plusquamperfekt?

Mit Hilfe des Hilfsverbs haben/sein im Präteritum und des Partizips II: hatten / waren + Partizip II


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Artikel von:

Aleksandra

Hinter dem Polarkreis aufgewachsen und Lehrerin aus Leidenschaft. Ich liebe Deutsch und die Berge!

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