Deutsche Grammatik ist schwer zu verstehen? Und der Infinitiv ist kompliziert anzuwenden? Das muss nicht sein! Du wirst am Ende dieses Beitrags ein Profi sein, wenn es darum geht, Infinitivsätze richtig zu nutzen! Das waren übrigens schon drei Beispielsätze, die den Infinitiv mit „zu“ verwenden.
Am Ende dieses Artikels kannst du ohne Probleme erklären, worin der Unterschied in den Sätzen „Ich verspreche, mehr zu lernen“ – „Ich werde mehr lernen“ liegt und wann du den Infinitiv mit „zu“ und ohne das Wörtchen „zu“ verwendest.
Was ist ein Infinitiv mit zu?
Die Antwort auf die Frage „Was ist der Infinitiv?“ ist einfach: Der Infinitiv ist die Grundform eines Verbs. Steht ein Verb in dieser Grundform, dann ist es nicht konjugiert (an eine Person angepasst). Verben stehen im Wörterbuch immer in der Grundform. Die Infinitivendung von Verben ist immer –en oder –n: antworten, handeln, erweitern. In einem deutschen Satz steht der Infinitiv meistens zusammen mit einem anderen, konjugierten Verb.
Der Infinitiv ohne „zu“
Mit folgenden Verben kommt der Infinitiv ohne „zu“ vor:
Wir mussten lernen.
In diesem Satz wird die Grundform lernen in der Verbindung mit dem Modalverb müssen verwendet. Den Infinitiv ohne „zu“ kannst du natürlich auch nach den anderen Modalverben dürfen, können, mögen, sollen und wollen oder in Sätzen mit den Hilfsverben haben, sein und werden verwenden:
Ich werde es lernen.
Auch die Verben gehen, fahren (Bewegungsverben), sehen, fühlen und hören (Wahrnehmungsverben), bleiben und lassen verwendest du in der Grundform ohne „zu“:
Ich gehe einkaufen.
Du hörst Marie lachen.
Ich lasse mir die Haare schneiden.
Er bleibt vor dem Haus stehen.
Wann nutze ich denn nun den Infinitiv mit „zu“? Das ist ganz einfach:
Dass-Sätze mit „zu-Infinitiv“
Wenn der Infinitiv mit „zu“ verwendet wird, sprechen wir von einem Infinitivsatz. Im Zusammenhang mit dem Thema „Infinitivsatz“ kommt auch oft die Frage: „Was ist eine Infinitivgruppe?“ Eine Infinitivgruppe ist im Prinzip nichts anderes als der Infinitiv mit „zu„:
Ich gebe mir immer viel Mühe, die deutsche Grammatik zu lernen.
Das Verb lernen steht in der Grundform und in der Kombination mit „zu“ wird daraus eine sogenannte Infinitivgruppe gebildet. Sehen wir uns einmal folgenden Satz an:
Linda hofft, dass sie die B2-Prüfung bald besteht.
In diesem Satz haben wir einen Hauptsatz (Linda hofft) und einen Nebensatz (dass sie die B2-Prüfung bald besteht). Das Subjekt im Hauptsatz ist Linda. Im Nebensatz ist das Subjekt das Pronomen sie und es bezieht sich auf Linda. Das Subjekt ist also im Haupt- und Nebensatz gleich. Wenn das der Fall ist, dann kannst du den Nebensatz mit „dass“ in einen Infinitivsatz umformulieren:
Linda hofft, die B2-Prüfung bald zu bestehen.
Da Infinitivsätze Nebensätze sind, steht der Infinitiv mit „zu“ am Satzende. Solche Sätze heißen übrigens auch satzwertiger oder erweiterter Infinitiv. Durch den Infinitiv mit „zu“ hat der Nebensatz kein Subjekt mehr. Ein Subjekt gibt es nur noch im Hauptsatz (Linda) und auch die Konjunktion dass fällt weg.
Das Subjekt im Haupt- und Nebensatz
Die Lehrerin hofft, dass Linda die Prüfung bald besteht.
In diesem Satz ist das Subjekt im Hauptsatz die Lehrerin und im Nebensatz Linda. Du kannst den Nebensatz also nicht durch eine Infinitivgruppe ersetzen, ohne dass sich die Bedeutung des Satzes verändert:
Die Lehrerin hofft, die Prüfung bald zu bestehen.
In diesem Satz möchte die Lehrerin nun selbst die Prüfung bald bestehen. Dass es eigentlich um Linda geht, können wir nicht mehr erkennen. Den Nebensatz mit „dass“ kannst du in diesem Fall also nicht in einen Infinitivsatz umformulieren. Wenn allerdings keine Missverständnisse1 aufkommen können und klar ist, welche Personen oder Dinge gemeint sind, dann darfst du aus dem Nebensatz einen Infinitiv mit „zu“ bilden:
Die Lehrerin empfiehlt, dass ich mehr auf Deutsch lese. ODER:
Die Lehrerin empfiehlt, mehr auf Deutsch zu lesen.
Das Subjekt im Hauptsatz (die Lehrerin) und im Nebensatz (ich) ist zwar verschieden, aber es ist klar, dass ich mehr lesen soll und nicht die Lehrerin.
Typische Infinitivsätze
In deutschen Sätzen kommt der Infinitiv mit „zu“ oft in sogenannten Infinitivkonstruktionen vor. Die Konjunktionen um, ohne und (an)statt werden mit dem Infinitiv + zu fest verbunden:
Ich lerne jeden Tag, um ein Zertifikat Deutsch zu bekommen.
Ich habe meinen Freund angelogen, ohne ein schlechtes Gewissen2 zu haben.
Martin lernt allein, anstatt seine Freunde um Hilfe zu bitten.
Der Infinitiv mit zu in diesen festen Infinitivkonstruktionen kann auch vorangestellt werden und muss nicht immer am Satzende stehen:
Anstatt lange zu warten, sucht Miriam nach dem Thema „Infinitiv mit zu DaF“.
Infinitiv mit zu – zusammen oder getrennt geschrieben?
Wie wird der Infinitiv mit „zu“ richtig geschrieben? Achte bitte darauf, dass du die Wörter zu + Infinitiv getrennt schreibst! Es ist also falsch, wenn du schreibst:
Linda hofft, die B2-Prüfung bald *zubestehen. Richtig ist:
Linda hofft, die B2-Prüfung bald zu bestehen.
Gilt diese Regel immer, dass die Grundform mit „zu“ getrennt geschrieben wird? Leider gibt es auch von dieser Regel im Deutschen eine Ausnahme: Das betrifft trennbare Verben, deren Präfix (die Vorsilbe) beim Sprechen betont wird. Ein trennbares Verb ist zum Beispiel einkaufen. Bei der Aussprache wird das Präfix ein- betont. Das kleine Wörtchen „zu“ steht im Infinitivsatz zwischen dem Präfix ein- und dem Verb kaufen:
Sie versucht, gesunde Lebensmittel einzukaufen.
Etwas seltsam wirkt der Infinitiv mit „zu“, der aus trennbaren Verben und dem Präfix zu- besteht. Ein Infinitivsatz mit dem Verb zumachen lautet zum Beispiel:
Er versuchte, das Fenster zuzumachen.
Viele Deutschlerner sind von dieser Schreibweise irritiert3, da das „zu“ im Wort zweimal hintereinander steht. Das erste „zu“ ist das Präfix von zumachen, das zweite „zu“ gehört zur Grundform des Verbs.
Verben mit dem zu-Infinitiv
Es gibt bestimmte Verben, die sehr häufig einen Infinitiv mit „zu“ bilden können. Welche Verben sind das? Hier kommt eine gute Übersicht: Das sind Verben,
die eine Absicht oder einen Plan ausdrücken: beabsichtigen, entscheiden, entschließen, planen, probieren, versprechen, versuchen, vorhaben: Ich versuche, nicht zu lachen.
die eine Meinung oder ein Gefühl ausdrücken: befürchten, behaupten, denken, erwarten, glauben, hoffen, meinen, vermuten: Ich hoffe, mich zu verbessern.
die einen Anfang oder ein Ende ausdrücken: anfangen, beginnen, aufhören, stoppen: Ich beginne damit, meinen Wortschatz zu erweitern.
Typische weitere Verben sind: erinnern, vergessen, bitten, einladen, gefallen, empfehlen: Vergiss nicht, für die Prüfung zu lernen!
Infinitiv mit zu und typische Adjektive oder Nomen
Einige Adjektive bilden in Verbindung mit sein oft eine Infinitivgruppe. Das sind zum Beispiel
bereit sein, entschlossen sein, erlaubt sein, erstaunt sein über, falsch sein, gesund sein, gewohnt sein, gut sein, leicht sein, richtig sein, überzeugt sein von, verboten sein, wichtig sein: Es ist nicht gesund, jeden Tag Zucker zu essen.
Auch einige Nomen bilden häufig Infinitivsätze:
die Absicht haben, Angst haben, eine Freude sein, Lust haben, ein Problem haben, Spaß haben bei, Zeit haben: Ich habe Angst, einen wichtigen Termin zu vergessen.
Kommasetzung – der erweiterte Infinitiv
Es gibt oft große Schwierigkeiten mit dem Grammatikthema „Komma + erweiterter Infinitiv“. Das betrifft nicht nur Deutschlerner, sondern auch viele Muttersprachler! Setze ich bei Infinitivsätzen ein Komma oder kein Komma? Die Antwort auf diese Frage ist für viele deshalb so schwer, weil es mehrere Möglichkeiten bei der Kommasetzung gibt. In manchen Fällen muss laut Duden ein Komma im Satz verwendet werden, manchmal darfst du kein Komma setzen und ein anderes Mal kannst du frei entscheiden, ob du ein Komma hinzufügen möchtest. Kein Wunder also, dass beim Thema „erweiterter Infinitiv + zu + Komma?“ auch Muttersprachler oft überfordert4 sind. Damit ist jetzt aber hoffentlich Schluss, denn hier kommen die Regeln:
Infinitiv mit zu & die Kommasetzung
Du setzt ein Komma, wenn die Infinitivgruppe von den folgenden Wörtern eingeleitet wird: um, anstatt, als, statt, außer und ohne. Solche Beispielsätze hast du schon weiter oben unter dem Punkt „Typische Infinitivsätze“ kennengelernt. Du setzt ein Komma, wenn der Infinitiv + zu durch ein hinweisendes5 Wort angekündigt wird:
Ich habe schon lange darauf gewartet, endlich das Thema Imperativ zu verstehen.
Du setzt auch ein Komma, wenn die Grundform durch einen Hinweis im übergeordneten6 Satz aufgenommen wird:
Die Sache endlich klären zu können, das war mir sehr wichtig.
10 GEHEIME Tipps, um die deutsche Sprache zu meistern!
Infinitiv mit zu – kein Komma oder freie Wahl?
Ein Komma bei Infinitivsätzen KANNST du beim einfachen Infinitiv setzen, das musst du aber nicht. Das betrifft sehr einfache, kurze Sätze:
Ich habe Angst(,) zu versagen.
Du setzt kein Komma beim Infinitiv + zu, wenn die Infinitivgruppe von einem Hilfsverb (haben, werden, sein) oder einem der drei Verben brauchen, scheinen7 oder pflegen8 abhängt:
Ich habe viel zu erledigen. Du brauchst nicht mehr zu arbeiten. Er pflegt abends nicht mehr zu lernen.
Du setzt auch kein Komma bei Infinitivsätzen, wenn der Infinitiv in einem übergeordneten Satz verwendet wird:
Dieser Artikel will ein schwieriges Grammatikthema zu erklären versuchen.
Weitere Kommaregeln kannst du dir in dem Artikel richtige Kommasetzung für Profis anschauen!
Weißt du nun, warum in den Sätzen „Ich verspreche mehr zu lernen“ – „Ich werde mehr lernen“ die Grundform des Verbs lernen einmal mit „zu“ und einmal ohne „zu“ verwendet wird?
Der Infinitiv mit zu – Fragen & Antworten:
Das ist die Grundform eines Verbs.
Wenn das Subjekt im Haupt- und Nebensatz identisch sind, kann der Nebensatz in einen Infinitivsatz umformuliert werden.
Der Infinitiv + zu wird getrennt geschrieben: Ich versuche, dir mit der Grammatik zu helfen.
Wortschatz:
- Missverständnis (das): eine unbeabsichtigte, falsche Deutung einer Aussage
- Gewissen (das): Bewusstsein von Gut und Böse
- irritiert sein: unsicher sein
- überfordert sein: nicht wissen, was zu tun ist
- hinweisen: deuten/zeigen auf etwas
- übergeordnet: vom Hauptsatz abhängig sein
- scheinen: etwas wirkt so, als ob es wirklich/real wäre
- pflegen: gewohnt sein etwas zu tun
Wow vielen Dank für den tollen Artikel. Ich hatte versucht meiner Tandempartnerin zu erklären, warum ich gerade zu vor dem erklären verwendet hattte. Dabei ist mir aufgefallen, dass ich das gar nicht erklären kann. Das hier ist der erste Artikel der es mir als Muttersprachler gut genug erklärt hat um es weitergeben zu können.
Hallo Michael,
das freut uns sehr!
Liebe Grüße
Dein Sprachcoach Team
Aleksandra
Gut erklärt, nur fehlt noch das Wichtigste, was meiner Erfahrung nach im Alltag vielen Menschen am meisten Schwierigkeiten macht: Der erweiterte Infinitiv an Subjektstelle des Hauptsatzes: „Gutes Deutsch zu schreiben(,) ist nicht einfach.“ Komma oder nicht?
Hallo Gustavo,
danke für deinen ergänzenden Kommentar.
Viele Grüße
Dein Sprachcoach Team
Aleksandra
Hallo. Ich glaube, der Duden hat gerade die Kommaregelungen beim erweiterten Infinitiv mit zu gahingehend geändert, dass nun in allen Fällen wieder generell ein Komma zu setzen ist.
Hallo,
vielen Dank für den Hinweis! Wir haben das überprüft, die Regeln sind noch immer aktuell. Bei einfachen Infinitiven ist das Komma nach wie vor freiwillig und bei abhängigen Infinitivgruppen wird keins gesetzt.
Wir hoffen, wir konnten dir weiterhelfen!
Dein SprachCoach Team