Was ist ein Präfix? Was sind Vorsilben?
Wenn man sich als Nicht-Muttersprachler den Wortschatz der deutschen Sprache gerade aneignet1, freut man sich besonders über Wörter, die ähnlich klingeln: Lehrer, Lehrbuch, lehrreich und so weiter. So hat man schnell den Eindruck, den Kontext zu verstehen, auch wenn man vielleicht noch nicht alle Details beherrscht. Wie groß ist allerdings die Enttäuschung2, wenn man zum ersten Mal mit solchen Ausdrücken zu tun hat: suchen – versuchen – besuchen. Der gleiche Wortstamm, aber komplett unterschiedliche Bedeutungen. Die Änderung der Wortbedeutung ergibt sich in diesen Beispielen durch das Hinzufügen einer Vorsilbe, auch das Präfix genannt (hier: ver– und be-). Geschickt, oder? Bleib dabei, wenn du mehr über diese „Zauberei“ erfahren möchtest.
- suchen: erforschen, recherchieren, einer Sache nachgehen
- versuchen: probieren oder verkosten
- besuchen: reisen oder jemanden sehen
Du hast es also schon verstanden: Ein Präfix befindet sich vor dem Wortstamm und ist dazu da, ein Wort mit einer neuen Bedeutung zu bilden. Ein Präfix kann mit einem Verb, einem Nomen oder einem Adjektiv verwendet werden. Die meisten Präfixe existieren nur als Bestandteil eines Wortes und bleiben unverändert. Es gibt also kein selbstständiges Wort, das „ver“ oder „be“ heißt.
Was ist ein Suffix? (Präfix | Suffix)
Möglicherweise hast du dich bereits mit der Struktur einer Sprache beschäftigt und kennst nicht nur Vorsilben, also Präfixe, sondern auch Suffixe. Diese Wortteile tragen ebenso zur Wortbildung beziehungsweise zur Bildung einer neuen grammatikalischen Form bei, folgen aber in der Regel dem Wortstamm und sind damit eher am Wortende zu finden.
Suffix (Beispiele):
suchen: suchend (Partizip I), der Suchende (Nominalisierung), die Sucherei (Nominalisierung)
Welche Suffixe fallen dir ein? Schreibe sie in die Kommentare.
Welche Präfixe gibt es?
Die deutsche Sprache ist recht reich an verschiedenen Präfixen. Hier einige Beispiele davon:
Suffix (Beispiele):
legen – ablegen, vorlegen, überlegen, zerlegen
Mann – Ex-Mann, Supermann
Je nach Art werden alle Präfixe in unterschiedliche Kategorien aufgeteilt. Eine der größten Gruppen bilden Verbalpräfixe, also solche, die mit Verben benutzt werden. Ihnen widmen3 wir uns im nächsten Abschnitt.
Verbalpräfixe
Einigen Verbalpräfixen bist du sicherlich bereits begegnet: nutzen – benutzen, legen – belegen, verlegen und so weiter. Diese Art der Verbbildung ist sehr verbreitet und führt dazu, dass ein Wort mit einer neuen Bedeutung entsteht.
Übung:
Schreibe jeweils einen Satz mit den hier aufgeführten Verben.
- be-: belassen
- ent-: entlassen
- er-: erlassen
- ver-: verlassen
- zer-: zerlassen
In enger Verbindung mit den Verbalpräfixen stehen Halbpräfixe oder Partikeln. Diese kennst du zum Beispiel aus den Sätzen: Kaufst du heute Abend ein? Sie hat mich von der Arbeit abgeholt. Ich mache dein Geschenk später auf. Das Besondere an diesen Wörtchen ist, dass sie sich vom Wortstamm trennen lassen. Präfixe bleiben dagegen fest an den Wortstamm gebunden:
Verb | Verb mit Partikel | Verb mit Präfix | ||
---|---|---|---|---|
kaufen – | Kaufst du heute Abend ein? | Verkaufst du diese Jacke? | ||
holen – | abholen: Sie hat mich von der Arbeit abgeholt. | erholen: Sie hat sich gut erholt. | ||
kommen – | ankommen: Sie ist schon gestern angekommen. | bekommen: Sie hat einen Brief bekommen. | ||
Das Wissen über Verbalpräfixe und Partikeln ist besonders wichtig, wenn es um trennbare und untrennbare Verben geht und du für sie eine Vergangenheitsform bilden möchtest. Heißt es eigentlich „Ich habe ihn angerufen.“ oder „Ich habe ihn geanrufen (Vorsicht: falsch!).“? Nur der erste Satz ist korrekt. Noch mehr nützliche Informationen zu den trennbaren Verben findest du in diesem Artikel.
Nominale Präfixe
Du hast es schon geahnt: So wie bei den Verben können neue Wörter auch bei den Substantiven und Adjektiven gebildet werden, indem ihnen Vorsilben hinzugefügt werden. In diesem Fall haben wir mit nominalen Präfixen zu tun. Diese spielen vor allem in Bezug auf die Wortbedeutung beziehungsweise auf die stilistische Verwendung eine wichtige Rolle. Woran liegt deiner Meinung nach der Unterschied zwischen „modern“ und „hypermodern“? Zwischen „Projekt“ und „Megaprojekt“? Oder zwischen „Film“ und „Superfilm“? Genau richtig: Im Vergleich zu den neutralen ersten Ausdrücken („modern, Projekt und Film“) verrät je der zweite Ausdruck („hypermodern, Megaprojekt und Superfilm“) einiges über den Sprecher und seinen Sprachstil. Hast du solche Präfixe schon einmal gehört? Schreibe es in die Kommentare.
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Namenspräfix (Bedeutung)
Eine andere Gruppe der Präfixe betrifft in erster Linie die Namen der deutschen Sprache. Namenspräfixe sind Ergänzungen, die vor dem Namen vorkommen und eine bestimmte Information dem Tragenden gegenüber verraten. Dazu gehören zum Beispiel der akademische Titel oder Adelspräfixe.
Namenspräfixe (Beispiele):
- Herr Prof. Rosenbarth war an dem Verfassen des Artikels beteiligt. (Prof. steht für „Professor“)
- Frau Dr. Müller wartet auf sie im Sprechzimmer. (Dr. steht für „Doktor“)
- Die Familie von Blumenthal kommt aus Hessen. („von“ ist eine Adelskennzeichnung)
Kennst du solche Vorsilben aus deiner Muttersprache? Schreibe sie bitte in die Kommentare.
Häufig vorkommende Verbalpräfixe (Liste)
- be-: belegen, besuchen, bestimmen
- ge-: geraten, gehören, gemahnen
- emp-: empfinden, empfehlen, empfangen
- ent-: entkommen, entfalten, entkalken
- er-: erfahren, erfinden, erklären
- miss-: missachten, misslingen, missleiten
- ver-: verstehen, versuchen, verlaufen
- zer-: zerfallen, zerschneiden, zerbrechen
Präfix – Fragen & Antworten
Was ist ein Präfix?
Präfix ist ein Wortteil, der dem Wortstamm vorangestellt wird und der Wortbildung dient. Im Deutschen wird es vor allem zusammen mit den Verben, Substantiven und Adjektiven verwendet und kann nicht eigenständig vorkommen. Präfixe sind von Partikeln und Suffixen zu unterscheiden.
Welche Präfixe gibt es?
Man unterteilt Präfixe je nach Wortart, mit der sie vorkommen, in Verbalpräfixe (Verwendung mit den Verben) und nominale Präfixe (Verwendung mit den Substantiven und Adjektiven). Zu den weiteren Kategorien gehören zum Beispiel Namenspräfixe.
Präfix – dein kleiner Wortschatz
- sich aneignen: etwas lernen
- Enttäuschung (die): Unzufriedenheit, Ärger
- widmen, sich: sich beschäftigen