Typisch Beamtendeutsch!

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Mai 3

Du hast einen Behördenbrief Brief von einer Behörde bekommen und verstehst nur Bahnhof1? Da bist du nicht allein: Diese Sprechart ist selbst für die Muttersprachler verwirrend und kompliziert. Einige Menschen in Deutschland kritisieren sie und die anderen nehmen sie mit Humor  – hast du eine Idee, wovon ich rede? Bestimmt! Jeder, der in Deutschland lebt, hat damit ab und zu2 etwas zu tun – mit dem Beamtendeutsch oder der „Sprache der Bürokratie“. Du möchtest mehr darüber erfahren? Dann ist dieser Artikel genau das Richtige für dich!

Was ist Beamtendeutsch?

Wenn du in Deutschland lebst, dann kennst du bereits Beamtendeutsch. Da bin ich mir ziemlich sicher, denn: In Deutschland muss man viele bürokratische3 Angelegenheiten4 mit den Behörden klären. Versicherungen abschließen, den Aufenthaltstitel verlängern, eine Wohnung anmelden und so weiter  – all diese Tätigkeiten sind für die Deutschlerner nicht gerade einfach zu klären. Der Grund dafür verbirgt sich5 in der Sprache, die von den Behördenmitarbeitern benutzt wird und für uns zu kompliziert klingt: Das ist Beamtendeutsch.

Beamtendeutsch ist also eine Ausdrucksweise, die in den Behörden und Verwaltungen benutzt wird. Diese Sprache wird auch als Amtssprache, Verwaltungssprache oder Papiersprache bezeichnet. Die drei Synonyme passen perfekt zum Beamtendeutsch, weil diese Sprache hauptsächlich in Ämtern, in der Verwaltung und in den Briefen verwendet wird. Lass uns nun ein paar Formulierungen auf Beamtendeutsch anschauen!

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Kennst du schon ein paar komplizierte Ausdrücke auf Beamtendeutsch?

Beamtendeutsch – Formulierungen

Halte dich fest  – gleich wird’s lustig! Diese absurden Amtsdeutsch-Beispiele werden dich mit Sicherheit zumindest zum Schmunzeln bringen:

Höhenmetergewinnende Stufenanlage – Hast du eine Idee, was damit gemeint sein könnte? Eine Treppe! 😀

Wenn du mal mit einem Beamten Kaffee oder Cola trinken gehen möchtest, lade ihn in seiner Verwaltungssprache ein: „Hast du Lust, koffeinhaltiges Bohnenheißgetränk (Kaffee) oder koffeinhaltiges Kaltgetränk (Cola) trinken zu gehen?“ Hört sich komisch an, oder?

Sogar für Farben gibt es im Beamtendeutsch eine eigene Bezeichnung! So heißt zum Beispiel die Farbe weiß „gleich helles Unbunt“ – die präziseste Bezeichnung für diese Farbe, die ich je gehört habe!

Jetzt wird’s aber richtig kompliziert: Für das Wort Handy steht gibt es eine Ausdrucksweise, die Kopfschmerzen garantiert: temporär von externer Stromversorgung unabhängiges Gerät zur Sprachfernübertragung.

Gehst du gerne in den Lautraum? Damit bezeichnet man in Beamtendeutsch eine Diskothek.

Wundere dich nicht, wenn in einem Brief vom Standesamt das Wort Lebensabschnittsgefährte steht: Damit meint es deinen Lebenspartner!

„Wozu so kompliziert?“  – fragt sich jeder, der mal einen Brief aus einer Behörde bekommen hat. Die Antwort wird dich wahrscheinlich überraschen: Komplizierte Wörter werden verwendet, um eine Information oder eine Sache genau wie möglich zu beschreiben. Hä? Wie sollen schon schwierige Wörter etwas präzise6 beschreiben? Die Wörter erscheinen für uns, Deutschlerner, auf ersten Blick übertrieben schwierig und unverständlich. Wenn man sich aber ein Wort wie „Lautraum“ genau anschaut, kann man ganz schnell feststellen, dass mit diesem Wort eine Diskothek eigentlich ganz genau beschrieben wird. Wo findet eine Party statt? Richtig, in einem lauten Raum. Und so ist das mit allen Begriffen im Beamtendeutsch.

Verwaltungssprache  – typische Merkmale

Nun kommen wir zu den Merkmalen, die das Beamtendeutsch so besonders (schwierig) macht und von der Alltagssprache unterscheidet.

Eins der typischen Merkmale des Beamtendeutsches ist die verwendete Grammatik, die in keinen Deutschkursen beigebracht wird: Die Sätze sind kompliziert formuliert und verschachtelt7. Das finden viele Bürger in Deutschland überflüssig, weil in der deutschen Sprache gilt: Gestalte die Sätze so einfach wie möglich, sodass dein Gegenüber dich auch versteht! Tja, anscheinend halten die Behörden von dieser Annahme nichts – könnte man denken. In Wirklichkeit sind die Behörden fast dazu gezwungen, Sätze kompliziert zu strukturieren, um die Informationen so akribisch8 wie möglich zu vermitteln.

Typisch für das Beamtendeutsch sind auch Substantivierungen. Sie nennt man auch „Nominalisierungen“. Was ist damit gemeint? Das ist ziemlich einfach: Substantivierungen sind Wörter verschiedener Wortarten, die zu Substantiven werden, zum Beispiel: lesen – das Lesen; groß – der Große. Im Beamtendeutsch werden hauptsächlich Verben substantiviert: klagen – Klage erheben; aufheben – Aufhebung.

Beamtendeutsch verstehen – Tipps & Tricks

Es gibt ein paar Tipps, wie man die Behördenbriefe entziffern9 kann. Der einfachste Weg ist, die Mitarbeiter einer Behörde um eine Erklärung zu bitten. Oder man versucht es selbst, die rätselhafte Beamtensprache zu verstehen. Dabei kannst du Folgendes versuchen:

  1. Fremde Wörter oder Abkürzungen im Wörterbuch oder im Internet suchen. Hört sich sehr einfach an, die Arbeit mit den Wörterbüchern gehört aber nun mal zum Deutschlernen.
  2. Um Schachtelsätze zu verstehen, versuche zunächst Hauptsätze zu finden. Danach kannst du die restlichen Nebensätze nach und nach passend hinzufügen.
  3. Manchmal sieht man ein Substantiv und hat keine Ahnung, was damit gemeint ist. Versuche doch mal dieses Wort in ein Verb umzuwandeln – vielleicht kennst du das bereits? In diesem Fall kann man einfach die Verbbedeutung auf das Substantiv übertragen.
  4. Sätze, die im Passiv geschrieben sind, kann man einfach in Aktiv umwandeln – so fällt das Verstehen viel leichter!
  5. Und schließlich musst du dich nicht mit allen Begriffen aus Beamtendeutsch auskennen. Ich bezweifle, dass du mal „gleich helles Unbunt“ statt „weiß“ verwenden wirst oder dass in einem Behördenbrief so etwas wie „Höhenmetergewinnende Stufenanlage“ stehen wird. Du kannst dir einfach nur die am meisten verwendeten Begriffe merken. Aber welche sind das?
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Schachtelsätze sind unendlich lange Sätze, die ganz viele Kommas, Konjunktionen und Nebensätze enthalten.
Dadurch kann man sehr schnell verwirrt sein und gar nicht mehr verstehen, worum es in so einem Satz überhaupt geht.
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Liste der wichtigen Wörter

Es sind so einige Begriffe, die einem das Verstehen von Behördenbriefen sehr erleichtern, wenn man sie kennt. Hier habe ich ein paar davon mit der Übersetzung ins „Deutsche“ zusammengestellt:

Bescheinigung: eine offizielle Bestätigung

in Abzug bringen: abziehen

Versagung: Ablehnung

Mehrstück / Absschrift: Kopie

angeben: Informationen mitteilen

Anordnung: eine Bitte, einer Regel zu folgen

es muss ein Nachweis erbracht werden: Man muss etwas nachweisen

Klage erheben: klagen

aufheben: rückgängig machen

anfordern: verlangen

Aufenthaltsgenehmigung: Erlaubnis, in einem Land zu bleiben.

Noch mehr wichtige Begriffe aus dem Behördendeutsch findest du hier.

Aus eigener Erfahrung weiß ich, wie deprimierend10 es sein kann, wenn man als Deutschlerner Behördenbriefe nicht verstehen kann. Aber glaub mir, du bist nicht allein! Je mehr du Deutsch lernst, desto besser und schneller kannst du das Behördendeutsch verstehen. Und ich hoffe, dieser Artikel konnte dazu auch einen kleinen Beitrag leisten! 🙂

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Wortschatz

  1. Nur Bahnhof verstehen: nichts verstehen
  2. ab und zu: manchmal
  3. bürokratisch: formal, beamtenhaft
  4. Angelegenheit: eine Sache, ein Fall
  5. sich verbergen: sich verstecken
  6. präzise: sehr genau
  7. verschachtelte Sätze: kompliziert formulierte Sätze, die durch ihre Komplexität zu Verwirrungen führen
  8. akribisch: präzise, sehr genau
  9. entziffern: in diesem Kontext: etwas verstehen
  10. deprimierend: demotivierend
Was ist Beamtendeutsch?

Beamtendeutsch ist eine Sprechart, die vor allem in den Behörden gesprochen wird.

Warum ist Beamtendeutsch so kompliziert?

Weil in den Behörden alle Informationen präzise beschrieben werden müssen. Dafür werden in Beamtendeutsch komplizierte Ausrücke verwendet, die aber eine Sache sehr genau beschreiben.


Lass dich nicht entmutigen, wenn es länger dauert, die deutsche Sprache zu meistern. 

Ein tolles Deutsch zu erreichen, ist ein fortlaufender Prozess, aber du kannst es schaffen!

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Artikel von:

Aleksandra

Hinter dem Polarkreis aufgewachsen und Lehrerin aus Leidenschaft. Ich liebe Deutsch und die Berge!

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